Henry Ries – Rothschild-Spital – Exodus 1947 [print]

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Ausstellung Bilderwelt und Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik


Fotos von Henry Ries
Henry Ries – 1917 in Berlin geboren, emigrierte er 1938 über Cuba in die USA. Während des Krieges arbeitete er für die Air Force in Indien. 1945 kam Ries nach Berlin, wo er an der Auswertung der Himmler-Akten beteiligt war. Nach seine Ausscheiden aus der Armee fotografierte er von 1946 bis 1952 für die New York Times in Europa.

background (aus dem Katalog):


_Rothschild Spital

Nach dem Pogrom am 4. Juli 1946 in Kielce (Polen), bei dem 42 Juden ermordet wurden, setzte eine große Fluchtwelle ein, die für die Allierten unerwartet kam. Damit waren auch die Pläne gescheitert, durch Repatriierung im Osten die Zahl der jüdischen DPs in den Besatzungszonen allmählich zu reduzieren. Gleichzeitig weigerten sich die europäischen Länder DPs auf Dauer aufzunehmen…


… Im Auftrag der New York Times war Ries von Berlin nach Österreich gereist, um eine Balkanreportage hinter dem eisernen Vorhang vorzubereiten. In einem Gespräch mit dem US-Richter L.E. Levinthal, einem Berater von General Clay, hatte dieser ihn ermahnt: »Sollten sie in Wien sein, dann vergessen Sie nicht das Rothschild Hospital zu besuchen. Dort wartet ein Flüchtlingsstrom von Tausenden von Leuten auf seine – vermutlich illegale – Emigration nach Palästina.«…


… Am 3. Dezember schickte er die besten Aufnahmen an den Herausgeber der N.Y. Times, Mr. Sulzberger und schreib dazu »Diese Fotos erzählen die Geschichte des Wartens, sie sprechen vom Kommen und vom Gehen. Aber das Warten ist die wahre Agonie der DPs«


_Exodus

Am 9. November 1946 kaufte die Potomac Shipwrecking Co., eine Agentur der jüdischen Untergrundorganisation Haganah, für 60,000 das ausgemusterte Kriegsschiff USS President Warfield. Der einstige Ausflugsdampfer war 1928 nach dem verstorbenen Präsidenten der Old Bay Line (Cheapeake Bay) benannt worden, dessen Nichte Wallis sich acht Jahre später mit Edward VIII. nach Wien absetzte und bei den Rothschilds einquartierte, bevor sie ihren abgedankten König heiratete und die englische Monarchie aus der Fasson brachte…



… »Der Staat Israel« schrieb Yoram Kaniuk in dem Buch »Commander of the Exodus« (NY 1999) wurde nicht am 15. Mai 1948 gegründet als die offizielle Deklaration im Museum von Tel Aviv verlesen wurde. Er wurde fast ein Jahr zuvor geboren, am 18. Juli 1947, als ein übel zugerichtetes Schiff in den Hafen von Haifa einlief…
Ein UNSCOP Vertreter fragte im Hafen von Haifa: »Haben die Briten in internationalen Gewässern angegriffen?« Die Antwort war »Ja«.
Tatsächlich hatten in der Nacht zuvor sechs Zerstörer und zwei Minenleger die Exodus 20 Seemeilen vor der Küste mehrfach gerammt. Dann enterten Soldaten, die von den Pasagieren mit Dosen und Kartoffeln beworfen wurden. Im Ruderhaus erschlugen die Marines den Offizier Bill Bernstein aus San Francisco. Auch zwei Jugendliche wurden getötet und über 150 Passagiere schwer verletzt…
Am 7. September 1947 erreichte die Ocean Vigour als erstes Schiff des Konvois die Elbmündung. Am Abend demonstrierten auf dem »Freiheitsplatz« im ehemaligen KZ Bergen-Belsen tausende von dort internierten jüdischen DPs…

… Gegen Mittag wurde dann über Lautsprecher Jazz Musik gespielt, um das Schreien der Leute zu übertönen, die von Bord des Schiffes geschleift wurden. Einer rief »Wir sind wieder da. Wir sind nach Auschwitz und Bergen Belsen zurückgekehrt.«


… »Trotz aller Verbote gelangen mir einige Aufnahmen von dem Flüchtlingsdrama. In der New York Times erschien darüber am 8. September 1947 eine ausführliche Reportage.« [Henry Ries]