Tischgeflüster [media | concept]

> +++ @ Ars Electronica 2010 + Europrix Multimedia Awards+++ <


:: vor-konzeption – content recherche – betreuung konzeption und produktion | @ ‘Koscher & Co.’ – Jüdischen Museum Berlin | 0905-0910

(i): ols
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ursprüngliche ideen- und konzeptfindung im rahmen der medienkonzeption/-produktion – in enger zusammenarbeit mit “The Green Eyl”>

– im weiteren: content + media research, betreuung der weiteren (fein-)konzeptentwicklung und abstimmung auf austellungskonzeption
TheGreenEyl: (fein-)konzeption, technische umsetzung, produktion, gestaltung

konzept und grundintention

‘Tischgeflüster’ war eine interaktive installation im rahmen der ausstellung Koscher & Co.#, die das gemeinsame essen und mahl als (ur-)situation elementarer vergesellschaftung, kultureller prägung und interaktion erfahrbar machen sollte. früh fiel die entscheidung für eine installation, die die besucher an eine ‘reale’ tafel führt – und sie zu einer interaktion einlädt, ähnlich der allen bekannten, in denen man als gast an einen ‘fremden’ tisch gelangt und hierbei mit (teilweise) unbekannten ‘rück-’ und bedeutungsräumen anderer kultureller traditionen in berührung kommt.

ausdrücklich erfahrbar werden sollte dabei die für die tischgäste auf anhieb ‘unsichtbare’ regelhaftigkeit kulturell und religiös geprägter symbolischer speiseordnungen. evoziert werden sollte eine athmosphäre der interkulturellen gastfreudschaft und schließlich des ’tischgesprächs’, als universellem kommunikationsformat.

dabei steht die frage der kommensualität> – der kulturell-religiösen regelungen, wer mit wem wo und unter welchen umständen was essen darf – im raum, sowie die tatsache, dass jede kultur/religion ihre eigene explizite handhabung für die begegnung mit den kulturell ‘anderen’, ihre eigenen handhabungen der ‘gastfreundschaft’ hat, insbesondere für die ‘urszene’ des in der gruppe geteilten mahls.

das spielerische aber respektvoll tastenden eintauchen in neue, sozial und kulturell codierte räume sollte entsprechend der lebenweltlichen realität des gastmahls in ungewohnten kontexten nicht von sichtbaren reglementierungen und durch ‘anweisungen’, ‘bedinungsanleitungen’ oder ähnliches verstellt werden, trotzdem aber die athmosphäre des fremden bzw. unvertrauten bewahren.







unterstrichen wurde dies vom ‘gemurmel’ der tischgeräusche, die sich erst in der annäherung in tischgeschichten auflösten, die episodische elemente einer der vier präsentierten religiös geprägten feste – Seder (Judentum), Mimouna (arabisches/nordafrikanisches Judentum), Newroz (kurdisch-persisches Neujahr, mit zoroastrischen Wurzeln), Fest der Hungrigen Seelen (buddhistisch, hinduistisch wie shintuistisch geprägtes Fest mit unterschiedlichen regionalen ausformungen in Südostasien) preisgaben. die notwendigkeit, die einzelnen elemente dabei ans ohr zu halten, um sie aus dem gewirr der geräusche und stimmen herauszulösen und für den einzelnen gast vertändlich zu machen entspricht dabei der rausch-situation der tisch-konversationen, in denen man sich von zeit zu zeit für einzelne stimmen und ein gegenüber entscheiden muss, um in eine temporäre und intim verfasste zweier-kommunikation einzutreten.

die audio-szenen bildeten einen narrativen teppich, in dessen personalisierten einzelstücken modulare informationen über das jeweilige religiöse festmahl eingewoben waren. diese informationselemente verbanden sich wiederum durch die wiederkehrende referenz auf bestimmte speise- und artefaktgruppen, um eine ähnlichkeit und lesbarkeit im größeren herzustellen.

auf der ebene der übergeordneten interaktion bestimmt die position der stark stilisierten speisegefäße welche geschichte präsentiert wurde, und die einzelnen objekte konnten mit ihrer position auf dem tisch ihren religiös-kulturellen referenzraum wechseln. und auch dies wurde ohne ein aufdringliches visuelles raster oder interaktionsvorgaben realisiert, um den ‘geschmack’ der realen tischsituation mit ihren greifbaren wie ungreifbaren momenten möglichst weitgehend zu erhalten. auch mit dieser logik der anordnung in vier virtuelle kulturelle felder wurde die frage nach regeln des austauschs, der ähnlichkeit und unähnlichkeit in verschiedenen festmahl-traditionen auf erfahrbare weise ‘gestellt’ – im doppelten sinne…

videoprojektionen über dem tisch ermöglichten den besuchern vor und nach dem eintritt in die tischsituation visuelle eindrücke – ‘geschmacksproben’ – der vier feste zu bekommen und grenzten in freier form das innen der tischsituation vom außen der globalen betrachterposition ab. mit diesen visuellen ‘teasern’ wurde zum eintritt ins mahl geladen…

… TheGreenEyl mit ‘Tischgeflüster auf der Ars Electronica 2010

(v): The Green Eyl


Futurezone @ orf.at: ‘Gesprächiges Geschirr’


Eine sehr poetische Arbeit ist “Whispering Table” (”Tischgeflüster”). Diverses Geschirr steht auf einem schwarzen Tisch. Erst nach einem Moment bemerkt man leises Geflüster und kleine Löcher in der Mitte der Teller und Schüsseln, in denen kleine Lautsprecher die Quelle dieser Töne sind. Die Geschirrteile kann man hochheben, worauf sie lauter werden, deutlicher sprechen und Geschichten erzählen, über Essen, Trinken und Mahlzeiten in verschiedensten Kulturkreisen. Die Teile “bemerken” auch, wer ihre “Nachbarn” sind, und ändern ihre Geschichten. Das fünfköpfige Team The Green Eyl bekam für diese Arbeit eine Honorary Mention.