Utopische Körper - Sektionen

KÖRPERBILD/MENSCHENBILD
Den Möglichkeiten in der Biotechnologie sind scheinbar keine Grenzen gesetzt: Wurde eben noch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms gefeiert, erschüttern auch schon Meldungen von den ersten geglückten Versuchen, menschliches Leben zu klonen, die Weltöffentlichkeit. Während die Sozialwissenschaften in diesem Spannungsfeld von medizinischen Heilsversprechen und apokalyptischen Endzeitvisionen um ethische Fixierungen bemüht sind, hat die Biotechnologie schon längst Einzug in die Kunst gehalten. Hier kehrt darüber hinaus auch ein Künstlertypus wieder, der sich gleichzeitig als Wissenschaftler und Kreativer begreift und der in die Renaissance zurückweist.

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Reformierte Körper

Schon in historischen Utopien geht die Perfektibilität des Menschen mit der Planung perfektionierter Körper einher. Utopien greifen auf den Körper zu - mit Körpertechniken wie Diätetik, Training und Hygiene setzen sie am Körper des Einzelnen an. Wechselnde Interpretationen körperlicher Funktionsweisen - ablesbar an technischen und mediologischen Metaphern - beeinflussen die Modelle körperlicher Interaktion von der Antike bis zur modernen Industriegesellschaft. Die Sektion thematisiert utopische Körpertechniken vom Jugend-kult und der Selbstunterwerfung unter das utopische Regime reformierter Lebens-praxis bis hin zu politischen Angriffen auf den Körper.

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LEISTUNGEN DES KÖRPERS
Körperliche Praktiken von Fitness und Wellness bis hin zum Spitzensport basieren auf einer utopischen Struktur: Immer schneller, stärker, oder schlanker sollen die Körper werden. Das Erreichte gilt es stets wieder zu überbieten. Neben dem Training des Körpers helfen 'unterstützende Mittel' - allen voran das Doping im Spitzensport - vermeintliche Grenzen zu verschieben. Welche Bedeutung kann ein Körper in Zukunft haben, der nicht durch sportliches Training bearbeitet ist, wenn Menschen sich zunehmend nach ihrer körperlichen Leistung - messbar in Zentimetern, Gramm und Sekunden - beurteilen lassen?

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TECHNIK UND KÖRPER

Nicht erst mit dem Cyborg verschwimmt die Grenze zwischen Mensch und Maschine, Natur und Kultur. In einer neuartigen Verbindung von Mensch und Technik entstehen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Technik-Körper-Hybride. Der technologisch aufgerüstete Körper ist auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, in den Fabriken, den Sportstadien zu besichtigen. Daraus ergeben sich neue Interaktionsmöglichkeiten zwischen dem Körper und seinem (architektonischen) Umraum bzw. seiner Zeit.

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SEHNSÜCHTIGE KÖRPER
Es gibt Orte der Sehnsucht, die wir aufsuchen, um daraus verändert hervorzugehen. Der Urlaub, banal und verklärt zugleich, ist einer davon. Am "globalen Strand" verspricht die Utopie, der Nicht-Ort, zur Eu-Topie, zur Kulisse des Glücks, zu werden. Die Suche nach Entspannung und Rausch, nach Entgrenzung und Grenzerfahrung vollzieht sich am eigenen - sonnengebräunten - Leib, der überwunden werden will. Welche Körper produzieren gesellschaftliche Sehnsuchts-Rituale und welche Grenzverschiebungen finden dabei statt? Sind es Restposten verkümmerter Utopien, die sich in diesen Alltagspraktiken ausagieren?

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BEGEHRTE KÖRPER
Das Begehren ist unendlich, denn das, was begehrt wird, ist prinzipiell unerreichbar. Umgekehrt ist es genau dieser Mangel, der das Begehren in Gang hält und dessen Erfüllung als utopischen Endpunkt intendiert. Die verlorene Einheit, der fundamentale Entzug von Welt und Selbst soll überwunden, der Körper als Garant von Präsenz und Ganzheit zurückgewonnen werden. Diese Sehnsucht ist nicht nur der Fluchtpunkt visueller Wahrnehmungstechniken, sondern auch die erregende Kraft pornographischer Darstellungen. Und wie vollzieht sich die utopische Bewegung in und an Räumen, die überblendet sind von dem Begehren, den Körper zu besetzen?

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THEORETICAL FICTIONS
In Bezug auf die imaginären Bilder des "machbaren Menschen" kommt es heute, unter den Vorzeichen einer extensivierten und intensivierten Techno- und Medienkultur, zu immer engeren Überschneidungen und Resonanzen zwischen sozialer Realität, wissenschaftlicher Projektion und fiktionaler Erzählung. Die Utopie als Entwurf einer menschlichen Zukunft entsteht gerade in Bezug auf die modifizierbare körperliche Verfassung des gesellschaftlichen Menschen zunehmend aus einem Konvergenzraum ästhetischer Fiktion, wissenschaftlicher Konstruktion und politischer Konzeption heraus. Welchen Verhandlungen untersteht der Körper in diesen komplexen, historisch spezifischen und geschichtenerzählenden Praktiken?

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ZWISCHEN UTOPIE UND DYSTOPIE
Im XX. Jahrhundert zerbrachen lineare Fortschrittserzählungen an einschlägigen historischen Ereignissen. In der Folge kam es zur Ergänzung bzw. Ablösung von Utopien mit Motiven negativer Zukunftsbilder. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage nach den Entwürfen zukünftiger Körper neu. Dabei ist in den neuen Erzählungen der Zukunft - wie etwa im Cyberpunk oder in den Debatten um den Posthumanismus - gerade dort, wo sie (neue) Körper präsentieren oder entwerfen, keine eindeutige Trennlinie mehr zwischen utopischen und dystopischen Momenten auszumachen.

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